
Alter Pfarrhof
Die erste schriftliche Erwähnung eines Pfarrhofs in Haimhausen stammt von 1524 (Sunderndorfer Matrikel). Dieser Pfarrhof, der 1524 als baufällig beschrieben wurde, brannte 1588 vollständig ab; dabei gingen auch sämtliche Pfarrdokumente verloren. Der damalige Pfarrer Georg Hirschbeck bemühte sich um einen raschen Wiederaufbau. Allerdings zeigte sich, dass bereits zwischen 1654 und 1684 größere Renovierungen fällig waren. Diese reichten offensichtlich nicht aus, denn 1696 wurde das Pfarrhaus neu gebaut. 1701 nannte es der Kupferstecher Michael Wening in der Beschreibung seines Stichs „Schloß und Hoff-March Haimhausen“ als „gantz neu erbaut“ und „hipsch“ (hübsch).
1799 wurde durch Brandstiftung jedoch auch dieser Bau ein Opfer der Flammen. Nur die vier Hauptmauern und diverse tragende Innenwände im Erdgeschoss blieben stehen. Nach einem Bericht des damaligen Pfarrers Benedict Knilling zerstörte das Feuer auch die Ökonomiegebäude wie Stall und Stadel, die zu jedem „Pfarrbauernhofhof“ gehörten.
Trotz widrigster Umstände wie Geldnot, politische und wirtschaftliche Unsicherheit durch den Einfall französischer Heere in Bayern wurde 1801 - 1803 das Pfarrhaus neu aufgebaut. Es entstand das heutige zweigeschossige Haus mit Rauhputz-Gliederung. Vom Vorgängerbau aus dem Jahre 1699 stammen die Ausmaße und weitestgehend der Grundriss.
Nach knapp zweihundert Jahren Bestand gab es Pläne, den Pfarrhof abzureißen. Der letzte in Haimhausen ansässige Geistliche, Pfarrer Martin Probst (†2003), veranlasste den Bau eines neuen Pfarrhauses, das 1970 fertiggestellt wurde (Pfarrstraße 6). Der „alte“ Pfarrhof, seit 1970 denkmalgeschützt, erhielt 1971/72 eine Außen- und z.T. Innenrenovierung. 1994 wurde mit einer Gesamtrestaurierung begonnen, die um 2000 abgeschlossen war. Dabei wurde auch die wertvolle Stuckgliederung des Außenputzes restauriert. Die Fassadenfarbe ist ein original barockes Rot. Die Räume im Erdgeschoss werden als Pfarrbüros genutzt. Im Obergeschoss befindet sich eine Wohnung.
„Damit ist der Pfarrhof bezüglich seiner Nutzung und Substanz ein durchgängig wahrnehmbares Zeugnis seiner Geschichte.“ (Baugeschichte).
Bedeutende Haimhauser Geistliche des 19. und 20. Jahrhunderts
Hugo Strasser:
Um 1900 wirkte hier Koadjutor (Kaplan) Hugo Strasser. Er beschrieb 1900/1901 in lateinischer Sprache (Nova et vetera de parochia Haimbhusiaria) nicht nur die Pfarreikirchen, sondern auch den Ort und seine Umgebung.
„Das Pfarrdorf Haimhausen liegt am südlichen Ausläufer des Bergrückens, welcher sich zwischen Isar und Amper von Nord nach Süd erstreckt. Von der hochgelegenen Kirche aus genießt man eine weite Fernsicht; die Landschaft besitzt zwar keine sofort in die Augen stechenden Reize, aber längeres Betrachten derselben schließt hier eine ungeahnte Schönheit und Anmut auf; es fehlen rauschende Gebirgsbäche und romantische Schluchten, das Auge erblickt weit und breit kein zackiges Felsrund oder smaragdgrüne Seen, aber die wellenförmig sich hinziehenden Hügel gegen Ost und Nord und die weite, ebene Fläche gegen West und Süd, die für die blauen Berge gleich einer steinernen Pallisade umzogen ist, drückt dem ganzen Gau ein geordnetes und imposantes Gepräge auf.“
Augustin Neureuther:
Um 1900 entschied Pfarrer Neureuther, sämtliche Grundstücke wie Äcker, Wiesen und Wälder, die zum Pfarrhof gehörten, zu verpachten. Dazu gehörten auch ein Stadel und ein Stall für diverse Nutztiere. Da die Pfarrer vor dem 19. Jahrhundert kein Salär von staatlicher oder kirchlicher Seite erhielten, waren sie in erster Linie auf die Einnahmen aus ihrer eigenen Landwirtschaft angewiesen. Pfarrer Neureuther ließ Stadel und Stall hinter dem Pfarrhof abbrechen und legte anstelle einen großen Obstgarten an.
Korbinian Aigner:
Er war von 1921 bis 1925 Kaplan in Haimhausen. Seit frühester Jugend interessierte er sich für den Obstbau. In seiner Haimhauser Zeit wurde er zum Vorsitzenden des Bezirks-Obstbauvereins ernannt. Er zeichnete auch die verschiedenen Apfelsorten. Als Pfarrer kämpfte er gegen den Nationalsozialismus, was zu KZ-Aufenthalten führte. Im KZ-Dachau zog er heimlich aus Apfelkernen neue Setzlinge, die unter „KZ-3“ bekannt sind. Zwischen 1912 und 1960 zeichnete Aigner ca. 900 verschiedene Apfel- und Birnensorten. In der zeitgenössischen Kunstausstellung documenta wurden 2012 vierhundertzwei Apfelsorten-Zeichnungen Aigners gezeigt. Im Haimhauser Pfarrgarten wurde 2010 ein Bäumchen gepflanzt, das inzwischen sog. Korbinians-Äpfel trägt. Auf einer Stele neben dem Baum ist der Lebenslauf Aigners durch jene Orte dokumentiert , in denen der „Apfelpfarrer“ seelsorgerisch wirkte.
Martin Probst:
Er war der letzte für Haimhausen und seine Filialkirchen zuständige Pfarrer. Zu Beginn seiner Haimhauser Zeit wohnte Pfarrer Probst im Alten Pfarrhof. Die Wände im Erdgeschoss waren aber so feucht, dass ein dauerhafter Aufenthalt unmöglich war. Pfarrer Probst drängte deshalb auf einen weiteren Pfarrhof-Bau. Bereits zwei Jahre nach seinem Amtsantritt 1968 konnte er in das neue Pfarrhaus in der Pfarrstr. 6 einziehen. Das geräumige, zweigeschossige Gebäude befindet sich im ehemaligen Obstgarten und verfügt u.a. über einen 70 qm großen Pfarrsaal. Im ehemaligen Obstgarten befindet sich auch der katholische Kindergarten.
Bierausschank im Pfarrhof Haimhausen
(nach einem Bericht von Markus Bogner)
Für die Bewohner des oberen Ortsteils um Kirche und Pfarrhof war der „Gasthof zur Post“ in der Ortsmitte und die „Bräuhausschenke" im Schlossbezirk zu weit entfernt. Deshalb wünschten sie sich sehnlichst einen Bierausschank in ihrer Nähe. Die Köchin des Pfarrers und Dekan Johann Nepomuk Mederer hatte ein Herz für diese durstigen Seelen und schenkte ihnen seit 1874 Bier im Pfarrhof aus.
Als Georg Nörl, vormaliger Pächter der Postwirtschaft, um die Erlaubnis zum Betrieb einer Gaststätte in seinem Anwesen Haus Nr. 42 (heute Hauptstr. 46) nachsuchte, da erhob Pfarrer Mederer am 13.09.1879 beim Bezirksamt Dachau Einspruch dagegen. Doch nicht etwa, um den unerlaubten Bierausschank seiner Köchin zu dulden, der ihm ohnehin nicht geheuer war, sondern hauptsächlich aus den folgenden beiden Gründen: Das Haus, wo die Wirtschaft ausgeübt werden soll, steht ganz nahe an der Kirche und am Friedhof. Überdies hätten die Haimhauser Burschen, welche als ganz rohe Menschen bekannt seien, dann wieder ein neues Lokal, um ihren Mutwillen auszuüben.
Am 09.03.1880 meldete der Haimhauser Ortsgendarm Johann Böhm an das Bezirksamt Dachau: „Herr Dechant Mederer gibt mir auf Befragen an, dass er wusste, dass Bier gegen Bezahlung von seiner Köchin Elisabeth Lutz schon seit Jahren an die Nachbarschaft verabfolgt wurde, und Herr Dechant es auch öfter mit dem Bemerken untersagt habe, dass, wenn etwas hiervon zu Gerichtshänden kommen sollte, Lutz dafür haften müsste. Weiterhin gibt Lutz an, dass sie Bier an die Nachbarschaft nur aus Mitleid verabfolgt habe, weil diese zu weit ins Wirtshaus hätten. Der Gendarm Böhm fügte hinzu, dass dieser unerlaubte Bierausschank im Pfarrhaus erst jetzt und mit großer Mühe entdeckt werden konnte, weil bei der Kirche ein neues Gasthaus entstehen soll. Früher wurde dies gänzlich verschwiegen, da niemand dagegen auftrat und einen Zeugen machen wollte.
Ladung nach Dachau
Am 03.04.1880 wurden acht Personen als Zeugen in das Bezirksamt Dachau geladen. Sie waren Besitzer von Anwesen in Pfarrhofnähe und sagten unter Eid aus, dass die Bierabgabe im Pfarrhof nur aus Gefälligkeit des Dekan Mederer geschah. Nachfolgend die Aussagen von zwei Zeugen:
„Ich heiße Johann Nefzger, bin 51 Jahre alt, katholisch, verheiratet, Vater von fünf Kindern und als Sattlermeister mit Anwesenbesitz in Haimhausen ansässig (heute Pfarrstr. 24). Nachdem das Wirtshaus in Haimhausen ziemlich weit von meiner Wohnung entfernt ist, hat mir allerdings schon seit mehreren Jahren auf mein Ersuchen Herr Dechant und Pfarrer Mederer aus Gefälligkeit Bier gegen Bezahlung des laufenden Bierpreises abgelassen. Eine solche Abnahme geschah meistens bloß an Feiertagen, aber auch ein bis zwei Mal unter der Woche, wenn ich eben zuhause bin, denn ich arbeite häufig auf Stör. Zur Erntezeit habe ich selber Bier im Fass zuhause und während dieser Zeit wird im Pfarrhof kein Bier abgenommen…“
„Ich heiße Johann Lerchl, bin 48 vom Alter, katholisch, verheiratet und als Gütler in Haimhausen ansässig. Mein Haus steht nahe beim Pfarrhof (heute Pfarrstr. 3) und ist hübsch weit vom Wirtshaus entfernt. Zur Sommerzeit, bei der Heu- und Getreideernte, habe ich das Bier selber im Fassl zuhause. Zur Winterzeit wurde allerdings seit mehreren Jahren hie und da das Bier aus dem Pfarrhofe, bezahlend des laufenden Bierpreises, von meinen Leuten abgeholt, weil der Herr Pfarrer aus Gefälligkeit dieses gestattete und weil den Weibern der Weg zum Pfarrhof näher war als zum Wirtshaus…“
Meldung der Graf Butler’schen Rentenverwaltung Haimhausen an das Bezirksamt Dachau : Bierverbrauch des Pfarrhofes an Sommer- und Winterbier für die Jahre 1876/77: 110,29 hl, für die Jahre 1877/78: 94,11 hl. Für die Jahre 1874 – 1879 ergibt dies einen durchschnittlichen Bierverbrauch von täglich 26 Liter.
Am 26.05.1880 erhielt Georg Nörl, trotz des Einspruchs von Dekan Mederer, die Erlaubnis zum Betrieb einer Gaststätte in seinem Anwesen gegenüber der Kirche.